Die Fehlstellung des großen Zehs ist vor allem für Frauen ein häufiges Problem. Jede dritte plagt sich damit herum. Wir haben Experten nach Ursachen und Behandlungswegen gefragt.
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Was ist der Hallux Valgus?
Auch wenn er nach einem Namen aus einem Asterix-Comic klingt, der Begriff benennt exakt das Problem: Der Großzeh (lat.: hallux) steht schief (lat.: valgus). Das kann so weit gehen, dass der Großzeh unter dem benachbarten Zeh verschwindet oder ihn überlagert“. Im Zuge der Schiefstellung des Zehs verschiebt sich der Mittelfußknochen nach außen in Richtung des anderes Fußes und das Fußgewölbe sinkt ab. Der Vorfuß wird nicht nur breiter, auch der Fußballen tritt sichtbar hervor. Er ist häufig gerötet, weil der Schuh drückt und reibt.
Ist ein Hallux Valgus schmerzhaft?
Da gibt es alles: Manche haben selbst mit stark verformten Füßen kaum Beschwerden, während andere in fast keinen Schuh mehr kommen und bei jedem Schritt aufheulen könnten. Schmerzlindernd und entzündungshemmend wirken Wickel mit ätherischen Ölen (z. B. mit „Retterspitz Äußerlich“), Ringelblumen-Salben (z. B. „Calendumed Salbe N“) oder Ibuprofen-Gels (z. B. „doc Ibuprofen“). Einen entzündeten Ballen schützen zudem Ballenpflaster. Spezielle Zehenspreizer können auch mal (tageweise getragen) Druck von der Stelle nehmen. Als Dauertherapie eignen sie sich aber nicht, weil sie zu einer Schiefstellung der kleineren Zehen führen und so den Hallux valgus verschlechtern können.
Sollte auf High Heels verzichten werden?
Solange man nur ab und zu hohe Schuhe trägt, sind sie okay – vorausgesetzt, sie überschreiten nicht sieben Zentimeter.“ Der Experte rät zudem: Ein bis zwei Stunden auf High Heels nie ohne gezielte Fußgymnastik danach. Bestimmte Schuhhersteller wie LaShoe bieten eigens Schuhe für Hallux valgus-Geplagte an, die richtig schön und besonders weich sind, sodass die Zehen mehr Platz haben.
Wie entsteht die Fehlstellung vom großen Zeh?
Bei 90 Prozent aller Betroffenen kommt der Hallux valgus in der Familie vor. Eine vererbte Bindegewebsschwäche sorgt im Laufe des Lebens dafür, dass das Quergewölbe unter dem Vorderfuß absinkt und ein „Spreizfuß“ entsteht. „Nicht aus jedem Spreizfuß wird ein Hallux valgus, ihm geht allerdings immer ein Spreizfuß voraus“, sagt Experte Larsen. Verstärkt wird der Prozess durch Übergewicht und das falsche Schuhwerk. Besonders ungünstig sind hohe, schmale und spitze Schuhe, die das Gewölbe zusätzlich schwächen und die Zehen verbiegen. Wie stark der Einfluss der Schuhe auf die Entstehung der Fehlstellung ist, zeigen Studien aus Indien. Landkinder, die bis zum Jugendalter barfuß laufen, haben keine Fußprobleme. Ziehen diese Menschen in die Stadt, hat die nächste Generation die gleichen Fußprobleme wie wir.
Kann man einer Fehlstellung vorbeugen?
Ja, indem man viel barfuß geht. Flache Böden drinnen wie draußen sind aber suboptimal. Einen Trainingseffekt haben vor allem unebene Untergründe, wie Rasen, Sand oder Waldböden, wo die Muskulatur des Fußes gefordert ist. Stärkend auf die Fußmuskulatur wirken auch Barfuß-Sneaker (wie z. B. „Nike Free“) mit einer beweglichen, dünnen Sohle.
Ist eine Rückbildung möglich?
Ja. Bei einem Viertel der Patienten bessert sich durch Spiraldynamik Übungen der Hallux valgus messbar, bei der Hälfte können wir ihn stabilisieren. Die Therapiemethode geht auf die Beobachtung zurück, dass sich der Körper bei jeder Bewegung spiralförmig verschraubt. Wer diese natürlichen Spiralbewegungen durch Übungen (z. B. unter Anweisung von Physiotherapeuten, Podologen) wieder aktiviert, kann orthopädische Beschwerden loswerden. Durch das Workout lernt man intuitiv die korrekte Fußhaltung, die man dann unbedingt in den Alltag überführen sollte, indem man z.B. am Schreibtisch immer wieder die Fersen gerade ausrichtet und die Großzehe in den Boden drückt.
Was nützen Einlagen?
Individuell angefertigte orthopädische Einlagen, die der Arzt verordnen kann, können den Druck besser verteilen, die Beschwerden lindern und das Fortschreiten des Hallux valgus aufhalten – vorausgesetzt, sie sind wirklich dünn und zwängen die Zehen nicht noch zusätzlich ein. Sie haben zudem den Vorteil, dass sich dadurch der Gang wieder normalisiert, was Schmerzen in den Knien und im Rücken vorbeugen kann. Trägt man Einlagen zusammen mit einer Hallux Valgus Schiene von Hallufix, kann sich ein leichter bis mittelschwerer Hallux valgus sogar wieder etwas zurückbilden. Die Hallux Valgus Schiene (wird auch verschrieben) bugsiert den Zeh wieder sanft in die richtige Richtung.
Außerdem gibt es noch die Hallux Valgus Bandage die ähnlich wie die Schiene wirkt aber etwas anders aufgebaut ist.
Wann ist eine Operation ratsam?
Wenn die konservativen Methoden ausgereizt sind, wenn weder Fußgymnastik noch Schiene eine Verbesserung bringen. Alle, die sich durch den Hallux valgus wegen der Schmerzen im Leben eingeschränkt fühlen oder die der schiefe Großzeh optisch stört, können eine Operation in Erwägung ziehen. Schmerzfreie Füße muss man nicht operieren. Ein Hallux valgus führt nicht zwangsweise zu einer Arthrose im Zeh, dem Hallux rigidus, bei der das Gelenk versteift.
Wie erfolgreich ist der Eingriff?
In 85 bis 90 Prozent der Fälle kann dadurch die Fehlstellung beseitigt werden. Wichtig ist, dass man den Eingriff von einem qualifizierten Fußchirurgen vornehmen lässt. Dann ist es unwahrscheinlich, dass der Hallux valgus wieder kommt. Mittlerweile wird zunehmend minimal invasiv operiert. Eine offene Operation hat allerdings den Vorteil, dass selbstauflösende Zuckerschrauben verwendet werden können. Der Eingriff wird häufig unter Vollnarkose vorgenommen, nötig ist sie aber nicht.
Wie lange hat man nach der OP schmerzen?
Weil der Fuß wegen seiner vielen Nerven sehr empfindlich ist, lassen ihn die Ärzte langsam aus der Narkose aufwachen. Danach sollten die Mediziner mit ausreichend hoch dosierten Medikamenten dafür sorgen, dass dem Patienten nichts wehtut. Normale Schmerzmittel helfen sehr gut. In der Regel kann man den Fuß nach der OP wieder voll oder zumindest teilweise belasten. Nach acht Wochen ist fuß belastender Sport wieder möglich, nach drei bis sechs Monaten funktioniert meist wieder alles normal.
3 einfache Hallux Valgus Übungen
- Beinspirale: Sich in Schritt Position hinstellen – 50 cm liegen zwischen dem vorderen und hinteren Fuß der rechte Fuß ist vorne. Füße, Beine und Hüfte zeigen gerade nach vorne. Gewicht langsam zehn Sekunden lang auf den vorderen Fuß verlagern, dann drei Sekunden lang wieder zurück auf den hinteren Fuß. Das untere Gelenk am großen Zeh sollte dabei stets guten Bodenkontakt haben. Viermal, dann immer die Seite wechseln.
- Flaming: Gerade hinstellen. Hüfte, Knie und Füße sind ganz gerade (kein Knickfuß!). Abwechselnd zehn Sekunden auf einem, dann auf dem anderen Bein stehen. Dabei das untere Gelenk am großen Zeh gut in den Boden drücken.
- Fußspirale: Hinsetzen, den rechten Fuß auf den linken Oberschenkel legen. Mit einer Hand die Ferse, mit der anderen den Vorfuß festhalten. Jetzt im Rhythmus von vier bis acht Sekunden die Fersen nach oben und den Vorfuß nach unten drehen und wieder zurück; so, als ob man ein Handtuch aus wringt. Nach einer Minute Fuß wechseln.
Jede Übung morgens und abends fünf bis sechs Minuten machen.