Sie spannt, brennt, schuppt und juckt: Eine sensible Kopfhaut macht in Europa 40 Prozent der Menschen zu schaffen, hierzulande sind es sogar 60 Prozent. Wie dieser haarige Teufelskreis entsteht und die wichtigsten Tipps, wie Sie wieder hinausfinden.
Zerbricht die kostbare Lieblingsvase, lassen sich die einzelnen Stücke mit viel Glück erneut zusammenzufügen: Die uralte japanische Reparaturmethode Kintsugi etwa, die wieder im Trend liegt, macht daraus sogar eine Kunst, indem sie Risse vergoldet und so zu einem bedeutsamen Teil der Geschichte des reparierten Objekts werden lässt.
Doch bevor Kintsugi-Meister den Goldstaub mit einem Pinsel verteilen, kitten sie die Bruchstellen mit dem Wundsaft des asiatischen Lackbaumes, der sich durch enorme Wasserbeständigkeit und Elastizität auszeichnet andernfalls würde die Ausbesserung misslingen, da die Vase kein Wasser mehr halten könnte.
Ähnlich verhält es sich auch mit der Kopfhaut, die immer mehr Menschen Schwierigkeiten bereitet: Bei Juckreiz und Spannungsgefühlen reicht es nicht aus, Feuchtigkeit auf die Kopfhaut aufzutragen. Denn ist die Barriere beschädigt, also nicht repariert, kann sie die Feuchtigkiet nicht speichern.
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Von trockener Kopfhaut zu Schuppen
Winzige Löcher im äußeren Schutzmantel lassen aber nicht nur hydratisierende Wirkstoffe entweichen, sie stellen auch eine Eintrittspforte für schädliche Eindringlinge wie den Malassezia-Hefepilz dar, der sich von schützenden Fetten ernährt, sie spaltet und dabei entzündungsfördernde Ölsäuren freisetzt: Untersuchungen zeigen, dass Phasen hormoneller Veränderungen wie etwa die Menopause dieses Zusammenspiel unterstützen.
Mit steigendem Alter trocknet die Kopfhaut zudem schneller aus. Auch weil negative Umwelteinflüsse sich bereits länger auf sie auswirken. Im Organismus entstehen dadurch vermehrt freie Radikale, die im Gewebe Mikroentzündungen entfachen ein Phänomen, das Wissenschaftler erst kürzlich entdeckten und das den gemeinsamen Nenner bei fast allen Symptomen wie Brennen, Juckreiz oder Schuppen darstellt.
Und schließlich leidet die Kopfhaut jetzt neben der trockenen Heizungsluft auch unter dem Lichtmangel, der ihre Stoffwechselaktivität dämpft. Von innen können seelischer Stress, Schlafmangel und unausgewogene Ernährung zusätzlich unter Druck setzen.
Die Kopfhaut wird gerne Vernachlässigt
Doch die Tatsache, dass die Kopfhaut immer mehr Menschen Probleme bereitet, liegt an der ungleichen Behandlung dieser Partie: In der Praxis sieht man zwar viele Menschen, die sich proaktiv um die Bedürfnisse der Haut, vor allem im Gesicht, kümmern die Kopfhaut aber nicht in gleicher Weise in die aktive oder auch präventive Pflege einbeziehen. Macht diese sich dann bemerkbar, werden die meisten sich ihrer Existenz überhaupt erst bewusst.
Zudem nehmen viele an, dass Haare schädliche Umwelteinflüsse abwehren können doch genau darin liegt ein weiteres Problem: Wir wähnen uns zu gut geschützt und unterschätzen, dass die Sonne den ganzen Tag senkrecht also mit voller Wucht auf die Kopfhaut scheint.
Die sensible Partie lässt sich schlechter schützen als der restliche Körper, ist den Umwelteinflüssen aber ebenso ausgesetzt gerade bei lichterem Haar oder präzise gezogenem Scheitel stellt das eine Herausforderung dar.
Besonders in den Wintermonaten muss die Kopfhaut gepflegt werden weil sie dort zu trockenheit und Schuppen neigt. Hier findet ihr unsere Tipps für die Kopfhautpflege im Winter:
Hefepilz für die Kopfhaut
Damit die Kopfhaut aus der Schieflage wieder in Balance kommen, setzen Betroffene am besten bei dem Hefepilz Malassezia an, der einen Teil des von Forschern immer besser verstandenen Haut-Mikrobioms darstellt: Neue Schuppenshampoos wollen dieses mit einem Komplex aus Vitamin B3, B5 und E die der Kopfhaut ausgleichen und zugleich freie Radikale neutralisieren, der bewährte Inhaltsstoff Pirocton-Olamin wirkt Pilzen und Bakterien entgegen.
Dabei setzen viele bereits statt auf austrocknende Sulfate (z. B. Sodium Laureth) auf milde Tenside auf Zucker- und Kokosölbasis (z. B. Coco Glucoside oder Lauryl Glucoside): Sie schäumen nicht so stark, trocknen Haar und Kopfhaut weniger aus, entfernen Schweiß, Fett und Staub aber genauso gründlich.
Tipp: das Shampoo alle zwei bis drei Tage drei Minuten einwirken lassen. Wer die Haare abends wäscht, entfernt viele potenzielle Unruhestifter und hilft der Kopfhaut, sich nachts zu regenerieren. Zudem zeigen Studien, dass Verwenderinnen Anti-Schuppen-Shampoos oft nur benutzen, solange das Problem besteht um langfristig vorzubeugen, müssen sie jedoch dauerhaft zum Einsatz kommen. Am besten ohne Pause: Andere Shampoos und Pflegespülungen können die Wirkstoffe auf der Kopfhaut abwaschen und schlechter wirken lassen.
Pflege für die Kopfhaut und Kopfhautmassage
Alle ein bis zwei Wochen regen spezielle Peelings die Durchblutung der Kopfhaut an, befreien von Ablagerungen sowie vorhandenen Schuppen und machen den Weg frei für nachfolgende Wirkstoffe (z. B. „Amino Acid Scalp Detox Treatment Scrub“, Kiehl’s, 250 ml ca. 53 Euro).
Da sich auf dem Kopf die größten Poren der Haut befinden, dringen nährende und besänftigende Wirkstoffe hier besonders gut ein: Konzentrate auf Basis von Oliven-, Jojoba-, Avocado- oder Sesamöl enthalten Antioxidantien und Fettsäuren, die beruhigen, befeuchten und neuen Irritationen vorbeugen.
Angereichert z.B. mit Färberwaid-, Kürbis- und Wacholder-Extrakten, stärkendem Biotin oder ausgleichenden Präbiotika verbessern sie die Durchblutung, regen die Zellteilung an und schaffen so gleichzeitig die Basis für gesundes Haarwachstum.
Öle und Masken am besten ebenfalls abends mit einer Pipette aufträufeln, einmassieren, einige Stunden oder über Nacht einwirken lassen und mit dem gewohnten Shampoo auswaschen. Fluids und Seren müssen in der Regel nicht ausgespült werden (siehe Packungsbeilage).
Tipp: Ayurvedische Massagetechniken sollen der Kopfhaut helfen, die Flüssigkeit besser aufzunehmen. Dazu die Fingerspitzen mit Öl benetzen, etwa auf Höhe des Scheitels aufsetzen und versuchen, die Kopfhaut leicht hin und her zu schieben. Erst nach links und rechts, dann nach vorne und hinten. Jetzt die Fingerspitzen seitlich aufsetzen, aber immer noch oberhalb der Ohren und sanft kreisen lassen. Schiebend und kreisend weiter nach unten hinter die Ohren wandern und schließlich im Nackenbereich enden.
Indische Heilkunst für die Kopfhaut
In Indien, dem Heimatland der traditionellen Heilkunst, massieren Eltern ihren Kinder übrigens täglich den Kopf: Das Ritual bringt nicht nur die empfindsame Haut ins Gleichgewicht es löst auch tiefsitzende Spannungen und stärkt die familiäre Beziehung.
Inderinnen, die erstmals nach Europa kommen, verwundert es deshalb, dass hierzulande zwar zahlreiche Cremes für Gesicht und Körper zum Einsatz kommen, sich in der Regel aber noch kaum jemand um seine Kopfhaut kümmert. Im Sanskrit wird der Kopf selber als „Tor zum Himmel“ bezeichnet, das die Verbindung zum Universum darstellen und eine Verbindung mit dem Kosmos ermöglichen soll.
Ob diese Theorie stimmig klingt oder nicht, kann jede für sich entscheiden: Die sanften Griffe sorgen jedenfalls definitiv dafür, dass Sie sich rundum wohlfühlen – und das auch ausstrahlen.