Das Gute liegt so nah: Ob Maronen, Brombeeren oder Sauerampfer. Wie Sie Schätze von Wald und Wiese sammeln und für Ihre Gesundheit nutzen.
Ein Spaziergang in der Natur tut Körper und Seele gut. Allein die frische Waldluft enthält rund 90 Prozent weniger Staubteilchen als die Stadtluft, kurbelt mit den darin enthaltenen Terpenen die Produktion von körpereigenen Killerzellen an.
Aber Wald und Wiese haben noch mächtig mehr zu bieten. Sie sind prall gefüllt mit wertvollen Zutaten, die unsere Gesundheit nicht nur erhalten, sondern sogar verbessern können. Umso mehr lohnt es sich, einen neuen Food-Trend auszuprobieren, der streng genommen auf einer uralten Tradition beruht: das Foraging.
Inhalt
Was ist Foraging?
Der englische Begriff bedeutet übersetzt so viel wie Nahrungssuche. Gemeint ist damit das Sammeln von Lebensmitteln wie Kräutern, Beeren oder Pilzen in der freien Wildbahn, also letztlich die natürlichste und ursprünglichste Art, sich Essen zu beschaffen.
Während wir als einstige Jäger und Sammler heute praktisch auf Supermärkte und Restaurants angewiesen sind, entwickelt sich das Selberpflücken seit ein paar Jahren zu einem angesagten Trend.
Nach dem Motto „Back to the roots“ experimentierte zunächst die Spitzengastronomie mit Wildpflanzen. Im Zuge des steigenden Bewusstseins für Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Regionalität hält diese Bewegung aber auch immer mehr Einzug in Privathaushalte.
Warum lohnt sich Foraging?
Wer sich seine Nahrung schon einmal selbst erarbeitet hat, weiß, was für ein gutes Gefühl das bedeutet. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum sich Foraging lohnt: Neben der Nähe zur Natur und der Zeit im Freien reizt in Zeiten von steigenden Preisen und Lieferengpässen auch der Aspekt einer autarken Versorgung mit kostenlosen Lebensmitteln.
Verpackungen und lange Transportwege fallen weg. Und was den meisten als Unkraut erscheinen mag, macht nicht nur satt, sondern schmeckt auch aromatisch und kann einen wertvollen Beitrag zur Gesundheit leisten.
Wie gesund sind Wildkräuter aus dem Wald?
Genau genommen hat alles, was wir beim Foraging sammeln, Bio-Qualität. Und naturbelassene, unverfälschte Kräuter enthalten ein Vielfaches an Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen im Vergleich zu Blattsalaten aus dem Gewächshaus.
Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass Brennnessel doppelt so viel Eisen und sechsmal so viel Vitamin C enthält wie Spinat? Auch Vogelmiere, Liebstöckel oder Löwenzahn sind gute Eisenlieferanten.
Außerdem wirken viele dieser Pflanzen entgiftend oder entzündungshemmend. Wildkräuter bereichern daher den Speiseplan und können sogar Erkrankungen wie Rheuma oder Gicht entgegenwirken.
Wo darf ich sammeln?
Einfach losgehen und Pflanzen abpflücken, darf man das überhaupt? Ja, laut Bundesnaturschutzgesetz ist das Ernten von Wildwuchs und Pflanzen im öffentlichen Raum erlaubt.
Allerdings darf nur an Orten gesammelt werden, die keinem Betretungsverbot unterliegen, und nur in Mengen, die dem persönlichen Bedarf entsprechen. Im Zweifel können Sie beim Grünflächenamt nachfragen.
Am besten eignen sich Wälder und Wiesen. Achten Sie aber darauf, die Pflanzen bei der Ernte nicht so weit zu beschädigen, dass ihr Fortbestand gefährdet ist.
Und was ist mit Gärten?
Nachbars Garten ist natürlich tabu. Aber wer selbst gärtnert, wird so manches Grüne möglicherweise ab sofort mit anderen Augen sehen. Denn während „Unkräuter“ wie Sauerampfer, Brennnesseln oder Giersch aus Gärtnerinnen-Sicht oft verzweifelt bekämpft werden, sind sie für Foraging-Fans eine willkommene Zutat für Salate, Smoothies oder als Brotbelag (siehe Rezept für einen Unkraut Smoothie).
Auch Wildkräuter wie Gundermann, Taubnessel oder Gänseblümchen können sich in der kreativen Küche sehen lassen und bringen volle Aromen auf den Tisch.
Worauf muss ich achten?
Entscheidend ist, dass die Pflanzen unbelastet und frei von Verunreinigungen, möglichen Parasiten oder Giftstoffen sind. Das Sammeln an viel befahrenen Straßen, beliebten Hunde-Spazierwegen oder neben gedüngten Feldern ist also nicht zu empfehlen.
Sollten Beeren oder Früchte ungewöhnlich aussehen (Parasitenbefall) oder bereits Bissspuren aufweisen, wählen Sie besser eine andere Pflanze für die Ernte. Blätter, auf denen Ameisen krabbeln, deuten auf einen Blattlausbefall hin.
In jedem Fall gilt: alles, was verzehrt werden soll, vorher immer gründlich unter fließendem Wasser abspülen.
Woher weiß ich, was giftig ist?
Wer sich das erste Mal auf die Pirsch begeben möchte, sollte sich vorher etwas Zeit nehmen, um sich über essbare Pflanzen in der Region zu informieren und mögliche giftige Doppelgänger erkennen zu lernen.
Das kann etwa über Bücher oder eine geführte Wildkräuterwanderung geschehen. Außerdem gibt es eine Vielzahl an Apps, die uns unterwegs das Erkennen von Pflanzen erleichtern. Nicht alle sind jedoch immer hundertprozentig treffsicher. Darum sollten Sie im Zweifel auch ein Buch zur Pflanzenbestimmung einstecken, vor allem fürs Pilzesammeln.
Brauche ich eine bestimmte Ausrüstung?
Hilfreich ist ein Korb, in dem die Schätze aus der Natur gesammelt werden können. Beim Pilzesammeln und um Pflanzen nicht mit der Wurzel rausreißen zu müssen, empfiehlt sich ein Messer zum Abschneiden. Nur so können der Pilz und die Pflanze neue Triebe nachbilden.
Tipp: Damit Kräuter bei Sonne nicht direkt austrocknen, können Sie sie unterwegs in einem Gefrierbeutel mit Zipper transportieren. Am besten etwas Luft hineinpusten und schnell verschließen. In der aufgeblasenen Tüte sind sie unterwegs optimal vor Druckstellen geschützt.
Wie kann ich Brennnesseln ernten?
Die Brennnessel ist ein echtes Superfood. Vielleicht schützt sie sich deshalb so gut vor Fressfeinden. Wollen Sie das Wildkraut ernten, sollten Sie am besten feste Gartenhandschuhe dabeihaben, um die Hautreizung zu vermeiden. Nie die einzelnen Blätter abreißen, sondern immer die Stängel abschneiden, da sich daran keine brennenden Härchen befinden.
Wer Brennnesseln für Salat nutzen möchte, kann mit einem Nudelholz einmal gründlich über die Nesseln walzen. So brechen die Brennhärchen, und die Flüssigkeit tritt aus. Danach steht dem Genuss nichts mehr im Wege.
Wann ist die beste Zeit zum Sammeln von Wildkräutern?
Die meisten Wildpflanzen lassen sich zwischen April und November ernten. Während Beeren erst im Sommer die richtige Reife haben, sind junge Kräuter im Frühling oft noch schmackhafter als ältere Pflanzen.
Grundsätzlich gilt: am besten vormittags auf die Suche nach Essbarem gehen. So kann sich die Pflanze über den Tag noch regenerieren. Wann die einzelnen Kräuter, Beeren und Pilze Saison haben, verrät der große Foraging-Kalender.
Unkraut-Smoothie gegen Entzündungen
Wildkräuter wirken stark entzündungshemmend und können als täglicher Smoothie bei Erkrankungen wie Fersensporn, Rheuma oder Verdauungsbeschwerden helfen
Zutaten für zwei Smoothies aus Vogelmiere:
- 2 Handvoll Vogelmiere
- 2–3 Äpfel
- 1 Mango
- 10 g Ingwer
- 1 EL Leinöl
- 1 EL Zitronensaft • ca. 200 ml Wasser
So geht’s
Vogelmiere gut waschen, Obst und Ingwer schälen. Alles grob zerkleinern und mit Leinöl, Zitronensaft und Wasser im Mixer fein pürieren.
Kräuter, Beeren und Pilze haltbar machen
Wer die frisch gepflückten Schätze bewahren möchte, hat verschiedene Möglichkeiten. Diese hier zum Beispiel:
Trocknen
Kräuter, die später mitgekocht werden sollen, langstielig ernten, bündeln und kopfüber für zwei Wochen zum Trocknen aufhängen. Alternativ Blätter in einer Holzkiste trocknen, mit dem Mörser zerstoßen und in einem dunklen Glas lagern. So sind die gesammelten Kräuter auch im Winter ideal zum Würzen oder für die Zubereitung von Kräuterquark.
Einfrieren
Pilze ohne Risse und Druckstellen in einen Gefrierbeutel geben, die Luft möglichst herausdrücken. Direkt in die Tiefkühltruhe legen. Bei Bedarf portionsweise entnehmen und in kochendem Wasser durchgaren. Bis zu 12 Monate haltbar.
Einkochen
Die gründlich gewaschenen Beeren zu Konfitüre verarbeiten oder in einem abgekochten Einmachglas schichten. Mit Wasser aufgießen und luftdicht verschließen. Das befüllte Glas in einem Topf mit Wasser bei etwa 70 bis 100 Grad erhitzen. Durch das so entstandene Vakuum erhalten die Früchte eine Haltbarkeit von bis zu einem Jahr.
Apps zum sammeln von Wildkräutern
PlantNet
Doch das Falsche gepflückt? Keine Sorge! Diese App wurde in Kooperation mit mehreren Forschungseinrichtungen entwickelt. Die kostenlose Anwendung ermöglicht es, mithilfe einer visuellen Erkennungssoftware Fotos für die Bestimmung von Pflanzen heranzuziehen. Tipp: Die genauesten Treffer erzielen Sie mit Aufnahmen von Blättern vor neutralem Hintergrund.
iNaturalist
Diese App kann Pflanzen und Insekten bestimmen und vereint eine Gemeinschaft von über 400 000 Wissenschaftlern und Naturfreunden. Die Nutzer tragen durch ihre Fotos und Angaben dazu bei, dass die App stets weiterentwickelt wird. Außerdem können Sie sich anzeigen lassen, welche Insekten und Pflanzen andere Nutzer an einem bestimmten Standort gefunden haben.
Flora Incognita
Was blüht denn da? Mit dieser App ist die Frage schnell beantwortet. Einfach ein Bild machen und erfahren, wie die Pflanze heißt, wo sie zu finden ist und vieles mehr. „Flora Incognita“ ist auf Wildkräuter spezialisiert und wurde von Wissenschaftlern der Technischen Universität Ilmenau und des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie Jena entwickelt.
Der große Foraging-Saisonkalender: Wann wächst was?
Ran ans Körbchen, raus in den Wald und sammeln, was die Natur hergibt. Wann welche Kräuter, Beeren, Nüsse und Pilze Saison haben, verrät diese Übersicht
Januar
Hagebutten Brennnessel, Gänseblümchen, Vogelmiere, Wiesen-Labkraut Judasohr, Märzschneckling, Samtfußrübling
Februar
Hagebutten Brennnessel, Gänseblümchen, Vogelmiere, Wiesen-Labkraut Judasohr, Märzschneckling, Samtfußrübling, Speisemorchel
März
Bärlauch, Brennnessel, Gänseblümchen, Giersch, Knoblauchsrauke, Löwenzahn, Spitzwegerich, Vogelmiere, Wiesen-Labkraut Austernseitling, Fichtenzapfenrübling, Judasohr, Märzschneckling, Samtfußrübling, Schopftintling, Speisemorchel
April
Rhabarber Bärlauch, Brennnessel, Gänseblümchen, Giersch, Knoblauchsrauke, Löwenzahn, Spitzwegerich, Vogelmiere, Wiesen-Labkraut Austernseitling, Fichtenzapfenrübling, Judasohr, Maipilz, Märzschneckling, Schopftintling, Speisemorchel, Stockschwämmchen
Mai
Erdbeeren, Rhabarber Bärlauch, Brennnessel, Gänseblümchen, Giersch, Knoblauchsrauke, Löwenzahn, Spitzwegerich, Vogelmiere, Wiesen-Labkraut, Austernseitling, Fichtenzapfenrübling, Judasohr, Maipilz, Schopftintling, Speisemorchel, Stockschwämmchen
Juni
Brombeeren, Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren, Kirschen, Rhabarber, Stachelbeeren, Walderdbeeren, Waldheidelbeeren Bärlauch, Brennnessel, Gänseblümchen, Giersch, Knoblauchsrauke, Löwenzahn, Mädesüß, Oregano, Rotklee, Spitzwegerich, Vogelmiere, Wiesen-Labkraut, Wilde Möhre Apfeltäubling, Birkenpilz, Brätling, Fichtenzapfenrübling, Goldröhrling, Judasohr, Krause Glucke, Maipilz, Maronenröhrling, Parasol, Pfifferling, Schopftintling, Speisemorchel, Steinpilz, Stockschwämmchen
Juli
Brombeeren, Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren, Kirschen, Mirabellen, Pflaumen, Stachelbeeren, Walderdbeeren, Waldheidelbeeren, Zwetschgen Brennnessel, Gänseblümchen, Mädesüß, Oregano, Rotklee, Vogelmiere, Wiesen-Labkraut, Wilde Möhre Apfeltäubling, Birkenpilz, Brätling, Fichtenzapfenrübling, Frauentäubling, Goldröhrling, Hallimasch, Judasohr, Krause Glucke, Maronenröhrling, Parasol, Pfifferling, Schopftintling, Semmelstoppelpilz, Speisemorchel, Steinpilz, Stockschwämmchen
August
Apfel, Birne, Brombeeren, Haselnüsse, Himbeeren, Johannisbeeren, Kirschen, Mirabellen, Pflaumen, Stachelbeeren, Walderdbeeren, Waldheidelbeeren, Zwetschgen Brennnessel, Gänseblümchen, Mädesüß, Oregano, Rotklee, Spitzwegerich, Vogelmiere, Wiesen-Labkraut, Wilde Möhre Apfeltäubling, Birkenpilz, Brätling, Butterpilz, Dorniger Stachelbart, Edelreizker, Frauentäubling, Goldröhrling, Hallimasch, Judasohr, Krause Glucke, Maronenröhrling, Parasol, Pfifferling, Schopftintling, Semmelstoppelpilz, Speisemorchel, Steinpilz, Stockschwämmchen, Totentrompete
September
Apfel, Birne, Brombeeren, Esskastanien, Haselnüsse, Holunderbeeren, Mirabellen, Pflaumen, Quitten, Walnüsse, Weißdorn, Zwetschgen Brennnessel, Franzosenkraut, Gänseblümchen, Gundermann, Sauerampfer, Vogelmiere, Waldsauerklee, Wiesen-Labkraut Apfeltäubling, Austernseitling, Birkenpilz, Brätling, Butterpilz, Dorniger Stachelbart, Edelreizker, Frauentäubling, Goldröhrling, Hallimasch, Judasohr, Krause Glucke, Maronenröhrling, Parasol, Pfifferling, Schopftintling, Semmelstoppelpilz, Speisemorchel, Steinpilz, Stockschwämmchen, Totentrompete
Oktober
Apfel, Birne, Esskastanien, Haselnüsse, Holunderbeeren, Quitten, Walnüsse, Weißdorn, Zwetschgen Brennnessel, Franzosenkraut, Gänseblümchen, Gundermann, Sauerampfer, Vogelmiere, Waldsauerklee, Wiesen-Labkraut Apfeltäubling, Austernseitling, Birkenpilz, Butterpilz, Dorniger Stachelbart, Edelreizker, Frauentäubling, Goldröhrling, Hallimasch, Judasohr, Krause Glucke, Maronenröhrling, Pfifferling, Schopftintling, Semmelstoppelpilz, Speisemorchel, Steinpilz, Stockschwämmchen, Totentrompete
November
Apfel, Esskastanien, Hagebutte, Quitten, Schlehen Brennnessel, Franzosenkraut, Gänseblümchen, Gundermann, Sauerampfer, Vogelmiere, Waldsauerklee, Wiesen-Labkraut Austernseitling, Birkenpilz, Butterpilz, Dorniger Stachelbart, Edelreizker, Goldröhrling, Hallimasch, Judasohr, Krause Glucke, Maronenröhrling, Samtfußrübling, Schopftintling, Semmelstoppelpilz, Speisemorchel, Stockschwämmchen, Totentrompete
Dezember
Esskastanien, Hagebutte, Schlehen Brennnessel, Gänseblümchen, Vogelmiere, Wiesen-Labkraut Austernseitling, Judasohr, Samtfußrübling